Und wann kommt der König?

Stadtschloss_Humboldt Forum
Der Wiederaufbau des Stadtschlosses Berlin als Humboldt-Forum ist seit 2013 die größte und zugleich umstrittentste Kulturbaustelle Deutschlands. Was ab 1950 nicht mehr sein durfte, soll nun wieder rekonstruiert werden – doch genau hier liegt das Problem! Wie viel an Neuinterpretation lässt dieser geschichtsträchtige Ort überhaupt noch zu und wie wird man der Vergangenheit gerecht? Ein „Altbau“ in neuem Gewand zwischen moderner Interpretation, Geschichtsheilung und Architekturdenkmal.
Friedrich II_Eisenzahn

Die Geschichte des Schlosses kann auch als geschichtlicher Umriss Berlins der letzten 500 Jahre gelesen werden. Revolutionen und gesellschaftliche Umbrüche lassen sich von Beginn an auch an der Schlossgeschichte ablesen. Den Anfang machte Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern die Doppelstadt Cölln und Berlin zu seiner Residenz wählte. Diese Region hatte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem wirtschaftlichen, wie auch politischen Zentrum der Mark Brandenburg entwickelt. Das Residenzschloss der Hohenzollern wurde 1443 im Auftrag der Marktgrafen und Kurfürsten von Brandenburg in Alt-Cölln, dem heutigen Ortsteil Mitte erbaut. Damals noch am Stadtrand gelegen, rückte es erst durch die Stadterweiterung zu Barockzeiten in den geographischen Mittelpunkt der Stadt. Dieses an der Stelle des späteren Schlüterhofes und dem Hof III erbaute Schloss hatte überwiegend die Funktion einer Wehranlage, über die, die an der Spree verlaufenden Handelswege kontrolliert werden konnten und übernahm somit eine zentrale Rolle im Aufstieg zur bedeutenden Großstadt. Im Gegensatz zu allen Nachfolgebauten ist das Aussehen des ersten Schlosses nicht überliefert worden.

Renaissancemodell_Stadtschloss Berlin

Kurfürst Joachim II. ließ die Schlossanlage abtragen und errichtete an ihrer Stelle einen Renaissancebau. Der Neubau wurde mit der ersten Berliner Domkirche verbunden, die dem Schlossherrn als Schlosskirche diente. Sie lag im Osten der Residenz, in etwa an der heutigen Einmündung der Breiten Straße in den Schlossplatz. Ende des 16. Jahrhunderts wurde auf Erlass von Kurfürst Johann Georg der Bau um einen Westflügel, sowie der nördlichen Hofapotheke erweitert.

Stadtschloss_Schlueterhof

Unter dem Kurfürsten Friedrich III. erfolgte der Ausbau des Schlosses zur Königsresidenz. 1699 erhielt Andreas Schlüter die Stelle als Bauleiter am Zeughaus und stieg noch im selben Jahr zum Schlossbaumeister auf. Er plante das Schloss zu einer Vierflügelanlage auszubauen, die aber letztlich nicht umgesetzt wurde. Er konnte nur den Flügel zum Lustgarten und zur Stadt, sowie den nach ihn später benannten Schlüterhof (siehe Abbildung) fertigstellen. Auf den Bau des Schlüterhofes folgte die Barockisierung der Fassaden, die Errichtung des Eosanderportals sowie die einiger repräsentativen Bauten im Westen. Dazu zählen unter anderem die Oper, die Bibliothek und die Hedwigskirche. Weiters gehen die Planungen, den Münzturm des Schlosses bis auf eine Höhe von 94 Metern aufzustocken und diesen mit einem Glockenspiel auszustatten, auf Entwürfe Schlüters zurück. Unglücklicherweise erwiesen sich für dieses Vorhaben die Fundamente als unzureichend dimensioniert und somit für den nichtbindigen Untergrund als nicht ausreichend tragfähig. Nach mehreren Versuchen mit Eisenarmierungen musste der Turm aus statischen Gründen wieder abgetragen werden und Schlüter wurde in weiterer Folge als Hofbaumeister abgesetzt.

Stadtschloss_Schloßfreiheit

Da sich Friedrich Wilhelm von Brandenburg mehr Leben am Schloss wünschte, wies er 1671 per Erlass die Bebauung am Spree-Ufer an. Nur ein Jahr später wurden insgesamt zehn Häuser als Schloßfreiheit erbaut, deren Errichtung sich wegen des sumpfigen Untergrundes als sehr kostspielig herausstellte. Darum gewährte Wilhelm den Bewohnern der Schloßfreiheit mehrere Freiheiten: Dazu zählten die Befreiungen von Grundzins, vom Wachdienst, von militärischen Einquartierungen sowie die Gewerbefreiheit. Die Gebäude wurden mehrmals erweitert und verändert, bestanden aber bis ins 19. Jahrhundert.

Stadtschloss_Eosanderportal

Ebenfalls bis ins 19. Jahrhundert führte einzig die hölzerne Hundebrücke Richtung Westen zu den neuen Prachtbauten Unter den Linden. Als 1824 Schinkels repräsentative Brücke zum Schloss fertig wurde und ab 1854 die weithin sichtbare Kuppel den Westflügel des Schlosses krönte, war die große Drehung des Schlosses nach Westen hin vollzogen.

Wilhelm_I_Nationaldenkmal

Dem Kaiser Wilhelm II. missfielen die relativ kleinen Bürgerhäuser der Schloßfreiheit, die den freien Blick auf das Schloss verstellten, und ließ diese 1894 abreißen. Anstelle der Bürgerhäuser wurde seinem Großvater zu Ehren das Kaiser-Wilhelm I. – Nationaldenkmal errichtet.
Das Zentrum zum 21 Meter hohen Monument bildete ein neun Meter hohes Reiterstandbild mit Wilhelm I. und der Genius des Friedens. Aus nördlicher Richtung des Reiterdenkmals gesehen gab es einen eigenen Zugang zum Spree-Kanal, dessen noch vorhandener Anlegersteg in der Vergangenheit vermutlich für Schleppkähne Verwendung fand. Die gesamte Denkmalanlage stand auf einem erhöhten Unterbau aus poliertem, roten Wirbogranit aus Schweden. Die Reiterstatue wurde von einer ionischen Säulengalerie, den Kolonnaden, eingefasst, die mit einem Eckpavillon auf jeder Seite abschlossen. Neben dem Reiterstandbild und den Kolonnaden zierte die Anlage noch allerlei Beiwerk: Dazu gehörten 19 halbnackte Frauen, 22 Männer, 12 Kinder, 21 Pferde, 2 Ochsen, 8 Schafe, 4 Löwen, 16 Fledermäuse und weitere Tiere. Viele Berliner verliehen dem Denkmal daher den spöttischen Namen „Zoo von Wilhelm zwo„. Obwohl im Gegensatz zum Stadtschloss das Denkmal den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet überstanden hatte, wurde es 1950 ebenfalls zur Gänze abgetragen. Einzig der Denkmalsockel blieb bis heute erhalten und soll in Zukunft das neue Denkmal tragen.

Ruine Stadtschloss_Berlin

Die barocke Periode des Schlosses währte etwa 250 Jahre. Während dieser Zeit diente das Gebäude als Zentrale des Deutschen Kaiserreichs und beherbergte zahlreiche Prunksäle. In der Zeit der Weimarer Republik gelangte das Schloss in Staatseigentum und diente fortan als Kunstgewerbemuseum. Bislang weitestgehend vom Kriegsgeschehen verschont, endete am 3. Februar 1945 die über 500 Jahre währende Geschichte des Schlosses, als ein Großfeuer infolge mehrerer Bombentreffer rasch den Großteil der Trakte erfasste und die wertvollen Inneneinrichtungen der Prunkräume zerstörte. Einzig der Nordwestflügel mit dem Weißen Saal und der Großteil der Gebäudefassaden blieben weitestgehend erhalten.
Obwohl Karl Bonatz, der ab Dezember 1946 im demokratisch gewählten Magistrat Ostrowski tätig war, sich für einen Wiederaufbau des Schlosses einsetzte, entschied sich nur wenige Jahre später die SED auf dem III. Parteitag, die Schlossruine zu sprengen und durch den Palast der Republik zu ersetzen. Die Restfläche sollte fortan als Fest- und Aufmarschplatz, sowie als Parkplatz (Marx-Engels-Platz) dienen. Diese Vernichtung von Kulturgut wurde weltweit heftig kritisiert und ist mitunter ein weiterer Grund für die raschen Wiederaufbaupläne nach 1990, obwohl die enormen Kosten sowie geschichtliche Altlasten durchaus ernstzunehmende Kritikpunkte sind.

Bau_Palast_der_Republik

Bis zur 1. Mai Feier 1951 war der Platz geebnet und mit rotem Ziegelsplitt bedeckt. Ab 1973 wurde nach den Plänen von Heinz Graffunder am Platz des ehemaligen Schlosses, hin zum nordöstlichen Arm der Spree, der Palast der Republik errichtet und dieser nach 32-monatiger Bauzeit im Jahre 1976 eröffnet. Er war Sitz der Volkskammer und beherbergte eine Vielzahl an Veranstaltungsräumen.
Fast 5.000 Tonnen Spritzasbest – das entspricht etwa 720 Tonnen Reinasbest – wurden auf die Stahlkonstruktion aufgebracht. Nur wenige Jahrzehnte ein großes Sanierungs- und Recyclingproblem, aber in den 70ern ein international übliches Verfahren, um einen ausreichenden Brandschutz zu gewährleisten.

Entkernung_Palast_der_Republik

Bereits kurz nach der Wiedervereinigung Deutschlands war klar, dass auch in der ehemaligen DDR die Europäischen und Bundesdeutschen Arbeitsschutz- und Gesundheitsnormen zur Anwendung kommen würden. Vor diesem Hintergrund hatte man ab 1990 das Gebäude wegen krebserregender Asbestfasern in Einbauten geschlossen und zwischen den Jahren 1997 und 2007 von diesen befreit. Da zuvor das gesamte Gebäude bis auf das Beton- und Stahlskelett zu entkernen war, ließ man sich vorerst noch beide Optionen – Abriss oder Sanierung – offen. Ebenfalls nach der Wende erfolgten archäologische Grabungen, die Teile der Schlossfundamente und Kellerbereiche zutage brachten. Zusätzlich errichtete Schautafeln erläuterten den Besuchern die einzelnen Funktionen der Räume und Einrichtungen, wie als Beispiel die technische Beschaffenheit der Fußbodenheizungen.

Wann_kommt_der_Koenig

Die Nachnutzung des Areals mit dem Palast der Republik war angesichts ihrer zentralen Lage in der Stadt und der geschichtlichen Bedeutung Gegenstand intensiver Diskussionen. Die Befürworter erkannten darin eine wohl einmalige Chance, die historische Mitte Berlins zu rekonstruieren und durchaus als legitim, die entkernte, architektonisch eher wenig anspruchslose Architektur der Abrissbirne freizugeben. Nach unzähligen Diskussionen, Kundgebungen von Gegnern und Befürwortern des Neubaus, einer Protestaktion von Gregor Gysi und einer Klärung, ob der Palast im Sinne des Denkmalschutzes als besonders schützenswert zu erachten sei, gab letztendlich der Deutsche Bundestag das Gebäude zum Abriss frei.

Abbruch_Palast_der_Republik

Ab dem 6. Februar 2006 wurde das Gebäude mit insgesamt fünf Kränen rückgebaut. Die Abrissarbeiten sollten eigentlich bereits Mitte 2007 abgeschlossen sein, verzögerten sich jedoch um mehr als ein Jahr. Bei den Abbrucharbeiten durch die beauftragten Firmen wurden an mehreren Stellen weitere Asbestreste entdeckt, die zuvor noch aufwendig zu beseitigen waren. Als Zwischenlösung bis zum tatsächlichen Baubeginn des Humboldt – Forums angedacht, wurde nach Abschluss der Abrissarbeiten das erhaltene Kellerbecken mit Sand zugeschüttet und anschließend begrünt. Interessanter Fakt am Rande: Ein Teil des demontierten Stahls wurde eingeschmolzen und nur kurze Zeit später für den Bau des Burj Kalifa in Dubai wiederverwendet.

Karte_Schloss_Berlin

Der Palast der Republik war Geschichte und mehrere Jahrhunderte deutscher Geschichte zu einer Rasenfläche nivelliert. Und danach kam erstmal nichts! Bereits 2010 hat der Haushaltsausschuss des Bundestages etwa 590 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Schlosses bewilligt, aber den anvisierten Baubeginn infolge des auferlegten Sparkurses der Bundesregierung um drei Jahre, auf mindestens 2014 verschoben. Viele deuteten dies bereits als Ende des monumentalen Bauvorhabens. Inmitten der Krise mussten erstmals die Banken gerettet werden, bevor man sich der Rettung deutscher Kultur bemühte. Dabei stand es um die Kunstwerke außereuropäischer Kulturen aus preußischer Zeit mindestens genauso schlecht, wie um die europäische Wirtschaft: Die Depots mit Tausenden unwiederbringlichen Schätzen konnten wegen der DDT-Verseuchung nur noch mit Schutzanzügen betreten werden und in den ohnehin viel zu kleinen Ausstellungsräumen lief bereits das Wasser die Wände herunter. Allein 2010 mussten rund zwölf Millionen Euro für die Instandhaltung der Kunstobjekte aufgebracht werden, um zumindest die allernötigsten Sicherungsmaßnahmen durchführen zu können. Momentan wird zeitgleich mit der Schlossrekonstruktion auch ein neues Depot in Potsdam gebaut.

Bau_Schloss_Berlin

Mit dem Stichtag des 12. Juni 2013 erfolgte durch den damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck die Grundsteinlegung zum Berliner Schloss – Humboldt-Forum. Der Neubau des Architekten Franco Stella ist eine Rekonstruktion nach historischem Vorbild, die in zeitgemäßer Materialiensprache umgesetzt wird. Die Tragstruktur als Stahlbetonskelett, das nach Abschluss der Rohbauarbeiten eher an ein Parkhaus als an ein barockes Schloss erinnerte, wurde ab 2016 mit Ziegeln und Zierelementen aus Sandstein verblendet, um für den Betrachter von außen dem Bild einer Architektursprache aus barocker Zeit zu entsprechen. Nach innen hin soll der hochmoderne Mehrzweckbau die preußischen Sammlungen außereuropäischer Kulturen vereinigen und die Museumsinsel ergänzen. Ein neuer Inhalt, der sich im historischen Gewand präsentiert.

Ostfassade

Ausgerechnet dort, wo sich die ältesten Schlossgebäude den Bürgerstädten zuwandten, nivelliert der Architekt des Neubaus die Schlossgeschichte zu einer grauen Betonwand. Dort wird für das alltägliche Leben der Berliner Platz geschaffen und sich mehrere Cafés ansiedeln. Von einem Denkmal des italienischen Architekten oder sogar einer Reichskanzlei 2.0 wird vielfach geredet, sobald die Fassade zur Spree ins Gespräch kommt. Ein Gebäudeabschluss im Norden, als würde dieser nicht Teil des Gebäudes sein. Ein Stilbruch inmitten der Zierelemente aus Sandstein. Plattenarchitektur in Verbindung mit Barock des 18. Jahrhunderts – eine Mischung, die für die Befürworter erst recht den Reiz dieses Gebäudes ausmacht. Bei einem Gebäude der Jahrhunderte sollte auch Platz für die Moderne sein.
War der Wiederaufbau der Frauenkirche durch die Eingliederung originaler Bruchsteine in die neu erschaffene Tragstruktur aus Sandstein noch echte Handwerkskunst, wird das Berliner Schloss ähnlich zum Potsdamer Stadtschloss oder dem Braunschweiger Schloss nur von außen an die historische Vergangenheit erinnern – und auch das nur an drei der vier Fassadenseiten. Außen das historische Stadtschloss, innen ein hochmodernes Humboldt-Forum.

Fassadenkonstruktion_Detail

Anders als der Rohbau sollten die gesamten Kosten für die Fassaden(re-)konstruktion vom Förderverein Berliner Schloss getragen werden. Schätzungen gehen von etwa 105 Millionen Euro aus. Noch 2010, nur wenige Jahre vor dem ursprünglich angedachten Baubeginn herrschte in den politischen Lagern große Uneinigkeit, ob das Schloss nun tatsächlich gebaut werden soll, oder nicht. Auch in einer Umfrage unter den Bürgern Berlins fanden sich nur wenige, die vom Wiederaufbau als Humboldt-Forum tatsächlich überzeugt waren. In Hinblick auf die Notwendigkeit der Teilfinanzierung durch Spenden ein nicht zu ignorierendes Hindernis. Wie soll man jemanden überzeugen, eine Geldspende zu tätigen, wenn dieser generell gegen das Projekt ist? Die Spendenfreudigkeit konnte sich im Laufe der letzten Jahre stark steigern, wie auch die Zustimmung zum Projekt allgemein, wenn auch viele der kritischen Stimmen selbst nach sieben Jahren nicht verstummt sind. Das festgelegte Spendenziel tatsächlich zu erreichen erscheint mit jedem Tag realistischer zu werden. Insgesamt konnten bis Anfang April 2017 über 81 Millionen Euro an Spenden aufgebracht werden.
Um das Engagement der Spender zu ehren, werden alle Namen, die 50 Euro oder mehr gespendet haben, per großer elektronischer Deckenprojektion im Durchgang des Kuppelportals genannt. Hunderte von Spendernamen können somit für jeden sichtbar werden. Großspender sollen gut ersichtlich auf repräsentativen Namenstafeln an besonders stark frequentierten Orten des Humboldt-Forums genannt werden. Spenden über eine Million Euro werden zusätzlich besonders geehrt: Unter Berücksichtigung individueller Wünsche ist eine Namensgebung eines Saals oder repräsentativen Raumes denkbar.
Möchtest auch du den Wiederaufbau der Schlossfassaden unterstützen? Schon viele kleine Beträge konnten bislang Großartiges bewirken. Hier geht’s zur offiziellen Seite des Fördervereins Berliner Schloss e. V.

Humboldt_Forum_Agora

Ab 2019 soll das Humboldt-Forum die Sammlungen der außereuropäischen Kunst der Stiftung Preußischer Kulturbesitz beherbergen. Die große Eingangshalle (Agora) des Gebäudekomplexes soll mit themenübergreifenden Veranstaltungen bespielt werden und als Publikumsmagnet wirken. Über einen fest installierten Medienturm wird der Besucher vorweg über aktuelle Ausstellungen informiert werden. Zusätzlich soll dieser Bereich die medizinischen Sammlungen von Rudolf Virchov beherbergen und eine dem Thema zugeschnittene Büchersammlung der Zentral- und Landesbibliothek Berlins dem Publikum zugänglich machen. Im zweiten Stock widmet man sich den Kulturen Ozeaniens, Amerikas und Afrikas und im Dritten der Asiens. Die momentan im Depot gelagerte Sammlung außereuropäischer Kulturen umfasst etwa 500.000 Artefakte und Kunstwerke.

Breite_Straße_Lustgarten

Abgesehen von fix bespielten Ausstellungsräumen, wird das Humboldt-Forum viel mehr als ein Museum sein. Der Schlüterhof mit seinen drei nach historischem Vorbild rekonstruierten Fassaden wird in Zukunft wieder als Kulisse für Open Air Veranstaltungen dienen und im neu geschaffenen Auditorium werden Veranstaltungen für bis zu 500 Besucher möglich sein. Anders als das historische Vorbild wird das Schlossforum zum Durchgang zwischen Breite Straße und Lustgarten in klarer, moderner Formensprache umgesetzt. Besonders hier lässt sich bereits jetzt die Außenraumwirkung für zukünftige Besucher am besten nachempfinden.

Schlueterhof_Veranstaltung


Das Stadtschloss galt als die Mitte der Stadt und der Schlüterhof mit seinen Hauptsteigen als Mittelpunkt des Schlosses. Aber warum? Die Architektur des Schlüterhofes ist eine Assoziation der antiken Kaiserforen. Diese Plätze Roms bildeten den Mittelpunkt, in einer Zeit, in der sich die Stadt als das Zentrum der westlichen Welt verstand. Auch auf den Kaiserforen waren diese zentralen Bauten von Kolonnaden eingefasst, die im Beispiel des Schlüterhofes zu besonderen Anlässen als Zuschauerlogen gedient haben könnten. Diese Gebäude galten in der Antike nicht nur als Herrschaftszentren und geheiligte Orte, sondern wurden im Rahmen von Festen und Feierlichkeiten als Kulissen, Bühnen und Logen verwendet, um sich und die Stadt zu inszenieren.

Einbau_Portal_V

Auch wenn der Wiederaufbau dem Architekturstil des Historismus aus dem 19. Jahrhundert entspricht, wurden möglichst viele historische Anknüpfungspunkte geschaffen.
Im Portal IV zur Lustgartenseite wurde der Grundstein eingemauert. Er trägt die Jahreszahl 1443, die die Grundsteinlegung des kurfürstlichen Schlosses markiert, sowie die Zahl 2013, das Jahr des Wiederaufbaus als Humboldt-Forum. Daneben befindet sich ein Stein aus dem im Jahr 1950 gesprengten Schlosses. Dieser trägt noch die Markierung der roten Ölfarbe, mit der er von den Sprengmeistern vor dem Abbruch markiert wurde. Viele erhaltene Überreste von vor 1950 gibt es leider nicht mehr, aber es werden so viele wie möglich wieder in den Neubau eingefügt. Dazu zählen auch mehrere Skulpturen, die vor der Zerstörungswut der SED-Funktionäre gerettet werden konnten und man jetzt wieder in das Gebäude integriert. Unter anderem betrifft dies das Kapitell im Foyer von Portal III, dass als Einziges vollständig erhalten blieb.

Liebknecht_Portal_Staatsratsgebäude

Als einziges größeres Gebäudeteil des ehemaligen Stadtschlosses blieb bis heute das ehemalige Portal IV (Karl-Liebknecht-Portal) erhalten, das 1963 in das Staatsratsgebäude der DDR eingebaut wurde. Um die Öffentlichkeit zu beruhigen, wurden kurz vor der Sprengung des Stadtschlosses mehrere plastische Arbeiten und Architekturteile geborgen und auch teilweise archivarisch dokumentiert. Die Gebäudeteile wurden auf einem Lagerplatz zwischengelagert und später auf anderen öffentlichen Plätzen oder privaten Häusern wieder aufgestellt. Nur ganz besonders wertvolle Skulpturen, wie die barocken Sandsteinfiguren Schlüters wurden gerettet und landeten im Museum. Diese sind neben den historischen Fotoaufnahmen, die wichtigsten Quellen für die Replika aus Sandstein für den Wiederaufbau. Die restlichen Schuttmassen des Schlosses wurden zerkleinert und an mehreren Orten Berlins vergraben oder zu Trümmerbergen aufgeschüttet.

Modell_Humboldt_Forum

Damit die verbliebene Fläche um das Schloss nicht erneut zur Pflastersteinwüste verkommt und eher an eine Miniaturausgabe des DDR-Aufmarschplatzes erinnert, anstatt zur städtebaulichen Aufwertung der Schlossumgebung zu werden, gilt es nach wie vor über die zukünftige Platzgestaltung zu entscheiden. Ist im Siegerprojekt eine Bepflasterung im Granit nordisch gelb-grau und mit nur vereinzelten Grünbeeten zur Auflockerung geplant, zeigte man sich im Abgeordnetenhaus darüber wenig erfreut. Sie fordern, die Platzgestaltung im Hinblick auf Aufenthaltsqualitäten nochmals zu überdenken. Gefürchtet wird, dass ein 38.000 m² großer versiegelter freier Platz im Winter für reichlich kalten Luftzug sorgen wird und an heißen Sommertagen einen längeren Aufenthalt auf dem Kopfsteinpflaster unerträglich macht. Der Förderverein Berliner Schloss e. V. fordert diesbezüglich mehr Grünflächen und den Platz mit historischen Elementen zu schmücken. Der Senat wiederum stellt etwaigen Diskussionen einen Riegel vor. Für sie gibt es keine adäquate Alternative, solange städteplanerische Maßnahmen aus dem 21. Jahrhundert zu berücksichtigen sind. Dazu zählen unter anderem eine allgemeine Barrierefreiheit und eine Feuerwehrzufahrt, die eben nicht über Rasenbeete führen kann. Betrachtet man die Umgebung des Domes und der Museen etwas genauer, wird man unweigerlich feststellen müssen, dass auch dort nicht alles von Barrieren frei ist, wie es beim Schloss gefordert wird. Sollte an diesen Orten tatsächlich Barrierefreiheit herrschen, dann ist sie zumindest schön im Ensemble versteckt. Warum ist eine ähnliche Selbstverständlichkeit beim Schloss nicht möglich? Auch der angrenzende Lustgarten war zu DDR-Zeiten eine versiegelte Fläche und erst durch den Rückbau zum Grünraum zu einer Fläche mit hohem Aufenthaltspotential geworden, der an warmen Sommertagen mitunter durchaus stark frequentiert wird. Wegen dieser Qualitäten und nicht aufgrund eines auferlegten Paragraphenzwanges, steht die Museumsinsel unter dem Schutz der UNESCO und präsentiert sich dem Besucher in seiner heutigen Schönheit.

Neptunbrunnen

Wie bereits jetzt ein Blick in das Innere des Humboldt-Forums zeigt, wird nicht das originale Bauwerk nachgebaut, sondern ein Ensemble nach dem Vorbild des Originals. Zu diesem zählt auch der Neptunbrunnen von 1891, der seinerzeit vom Schloßplatz vor dem Portal II abgebaut – und vor dem Roten Rathaus wieder Stein für Stein zusammengesetzt wurde. Als Nabel Berlins (Nullpunkt) geschaffen, wurde er durch die Versetzung an anderen Ort seiner ursprünglichen Bedeutung beraubt. Erst am Originalplatz wird für den Besucher die direkte Verbindung zwischen den Brunnen als Nullpunkt und der Fassade erlebbar. Ähnlich zum Nullpunkt Roms beim Triumphbogen des Septimius Severus, von dem aus die Meilen in das Römische Reich gemessen wurden, entwickelte sich vom Neptunbrunnen aus, das preußische Meilensystem. Dessen noch immer überall sichtbare Meilensteine messen ihre Entfernung immer von diesem Nullpunkt aus. Auch wenn für eine Übersiedelung des Neptunbrunnens an den Originalstandort die angrenzende Straße zuerst noch verschmälert werden müsste, steht hier der Wille einer Vervollständigung des historischen Ensembles über den städtebaulichen Anforderungen – zumindest zum momentanen Zeitpunkt.

Das_Nationale_Freiheits_und_Einheitsdenkmal

Die „Bürgerwippe“, die als wippende Schüssel vor dem Eosanderportal den Mut und die Zivilcourage der DDR-Bürger zur Einheit würdigen sollte, war nach einer voraussichtlichen Kostensteigerung von elf auf 14,6 Millionen Euro eigentlich schon vom Tisch und die Befürworter der Rekonstruktion eines Gesamtensembles konnten abermals neue Hoffnung schöpfen.
Für viele bedeutet die Rekonstruktion des Kaiser-Wilhelm Denkmals mitsamt der Kolonnaden nicht nur die Heilung der historischen Mitte Berlins, sondern eine umfassende Wiederherstellung des geschichtlichen Kontextes. Die Architektur der Kolonnaden wurde zwar nicht mit dem Eosanderportal gemeinsam geplant, aber in Stil und Anordnung exakt darauf ausgerichtet und ist daher für viele Befürworter mit der Schlossarchitektur untrennbar verbunden. Und nun soll doch (wieder) alles ganz anders kommen: Erst im Februar dieses Jahres wurde nach langem Hin und Her entschieden, das Einheitsdenkmal zu verwirklichen und pünktlich zum 30. Jahrestag der Revolution von 1989 zu eröffnen. Die Zeichen stehen abermals auf ungewiss, forderten Promis doch bereits 1998 in einem offenen Brief zum zehnten Jahrestag der Revolution ein Einheitsdenkmal zu errichten. Das Projekt wurde bereits vor fast zehn Jahren genehmigt, aber bisher nicht verwirklicht. Etwas süffisant könnte man es mit den damals von Helmut Kohl versprochenen „blühenden Landschaften im Osten“ vergleichen: Die Jahre sind ins Land gezogen, aber der Osten wartet noch immer darauf.

Wenn weiterhin alle Terminpläne ohne größere Verzögerungen eingehalten werden können, wird mit dem 14. September 2019 nicht nur die Mitte Berlins wiederhergestellt sein, sondern auch ein Stück deutscher Geschichte wieder an ihren angestammten Platz zurückkehren.
Um sich auch als Nichtberliner ein Bild des aktuellen Baufortschrittes (letzter Stand: März 2017) machen zu können, folgt abschließend ein kurzer Zeitrafferfilm.

Ist es nun eine Rekonstruktion des Stadtschlosses unter einem anderen Namen, um das Bauvorhaben in unserer heutigen Zeit zu legitimieren, oder doch etwas gänzlich Neues? Oder wird es erst mit einem Kaiser oder König zu einem echten Schloss und ist somit als Museumsneubau zu sehen?
Das Schloss wird mit modernen Materialien erbaut, aber ein historisches Antlitz erhalten. Aber ist das überhaupt noch zeitgemäß oder läuft man hier einem geschichtlichen Versäumnis hinterher, das sowieso durch keine Maßnahme mehr wettzumachen ist?
Wie weit soll eine Rekonstruktion gehen und wo hört diese auf? Ist mit den Fassaden schon alles erledigt, oder gehört dazu doch noch viel mehr? Vielleicht ein Neptunbrunnen, ein Nationaldenkmal mitsamt den Kolonnaden oder sogar ein Nachbau der künstlerisch gestalteten Innenräume?
Wie ist deine Meinung dazu? Bin wie immer auf eure zahlreichen Antworten gespannt und verbleibe wieder bis zum nächsten Mal auf Facebook oder hier in den Kommentaren.

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Weiterführende Links:

Quellenangaben:
Titelbild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_Stadtschloss_1920er.jpg, https://images.contentful.com/74pdx9dpsku1/mzIHZvnQk00C422AeCIaw/c85c61529475fc4ce40fe45edea39375/SHF_Portal3_Foto_Stephan_Falk_300916.jpg Copyright SHF/Humboldt Forum (10.04.2017, 21:54) – Gegenüberstellung altes Stadtschloss und neues Humboldt-Forum im Bau. (Bild wurde in Photoshop bearbeitet).

 

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Friedrich_II_300f.jpg (10.04.2017, 22:10) – Bild von Friedrich II. aus dem Buch „Geschichtsbilder“ von 1896 (Bildgröße in Photoshop angepasst).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Dom_Berlin_Stadtschlossminiatur.jpg (10.04.2017, 22:15) – Miniaturmodell des Berliner Stadtschlosses während der Rennaissance (Bildgröße in Photoshop angepasst).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Stadtschloss_schlueterhof_1.jpg (10.04.2017, 22:17) – Gemälde des Schlüterhofes von Eduard Gärtner (1801-1877) – Öl auf Leinwand (Bildgröße in Photoshop angepasst).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_Stadtschloss.jpg (10.04.2017, 22:26) – Bild des Berliner Schlosses mit der Schloßfreiheit nach 1853 (Bildgröße in Photoshop angepasst).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_Stadtschloss_1920er.jpg (10.04.2017, 22:29) – Postkarte des Berliner Stadtschlosses aus den 1920er Jahren (Bildgröße in Photoshop angepasst).
https://commons.wikimedia.org/ wiki/File:Berlin_Nationaldenkmal_Kaiser_Wilhelm_1900.jpg (10.04.2017, 22:30)  Originalquelle: Album von Berlin; Globus Verlag, Berlin 1904. – Das Kaiser Wilhelm I. Nationaldenkmal (Bildgröße in Photoshop angepasst).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fotothek_df_pk_0000180_048.jpg (10.04.2017, 22:34) – Ruine des Stadtschlosses Berlin. (Originaltitel: Auf Berliner Straßen. Zwischen 1945 und 1946. (Bildgröße in Photoshop angepasst). Fotograph: Abraham Pisarek. ID-Nr.: df_pk_0000180_048)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-P0402-003,_Berlin,_Palast_der_Republik,_Bau.jpg (10.04.2017, 22:38) – Bau des Palast der Republik. (Fotograph: Peter Heinz Junge.) Bild wurde am 2. April 1975 aufgenommen (Bildgröße in Photoshop angepasst). ID-Nr.: ADN-ZB Junge 2.4.75     bzw.     Bild 183-P0402-003)
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Palast_der_Republik_%E2%80%93_detail.jpg (10.04.2017, 22:43) – Entkernung des Palastes der Republik (Bildgröße in Photoshop angepasst).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Stoppt_den_Palastabriss_Koenig_140106.JPG (10.04.2017, 22:46) – Protestaktion gegen den Abriss des Palastes der Republik am 14. Jänner 2006 (Bildgröße in Photoshop angepasst).
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_palast_der_republik_rueckbau_schlossplatz_2008_04_24.jpg (10.04.2017, 23:00) Abriss Palast der Republik. (Bildgröße in Photoshop angepasst). Autor: Sir James
https://www.google.at/maps/place/Schloss+Berlin/@52.5171677,13.4004538,17z/data=!4m5!3m4!1s0x47a851df1aff53eb:0x7c1c9f9055789ad1!8m2!3d52.5171366!4d13.4014, https://imgur.com/JRkl0ZY, https://i.imgur.com/e1vMzCV.jpg, https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Schloss#/media/File:Mittlere-berliner-spreeinsel.png (11.04.2017, 00:01) – Karte von Berlin mit dem alten Stadtschloss, dem Palast der Republik und dem neuen Humboldt-Forum.(Bildgröße in Photoshop angepasst).
https://miesmagazin.files.wordpress.com/2016/03/img_6498.jpg (11.04.2017, 00:06) – Bau des Schloss Berlin – Fassaden (Bildgröße in Photoshop angepasst). (Der Dank gilt Arian vom Mies.Magazin (www.miesmagazin.tv) der mir freundlicherweise dieses Bild zur freien Verfügung gestellt hat.
https://images.contentful.com/74pdx9dpsku1/6v1nnJT9XUeCoAG424Ue0G/1ddc5d8891b5bbda485dc145720ac704/Ostfassade.jpg (11.04.2017, 00:10) – Grafik der Süd-Ostfassade des zukünftigen Humboldt-Forums. (Bildgröße in Photoshop angepasst). Copyright: Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss (SHF) / Architekt Franco Stella mit FS HUF PG
https://images.contentful.com/74pdx9dpsku1/6pEYznkj4ccQ8M6OUCQeOS/8bc756b6e983a60617b85f5a876d0173/SHF_Eckkartusche_Foto_Marco_Urban.jpg (11.04.2017, 00:15) – Eckkartusche. (Bildgröße in Photoshop angepasst). Copyright SHF / Marco Urban
https://images.contentful.com/74pdx9dpsku1/t9bS6dlXtAAogmuWoe8sI/a128dfa23c7ed47f1f031656c98e7c11/20140324_HUF_HSA_foyer_bild1-tag.jpg (11.04.2017, 00:17) – Grafik des zukünftigen Foyes. (Bildgröße in Photoshop angepasst). Copyright: Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss (SHF) / Architekt Franco Stella mit FS HUF PG
https://images.contentful.com/74pdx9dpsku1/2rYBGXwO1GYsIyyK8omCII/eaa6be530b3aec5dfa7ef7c3a2bc598d/SHF_Passage_Foto_Stephan_Falk_270916.jpg (11.04.2017, 00:19) – Blick in den Durchgang zwischen Breite Straße und Lustgarten. (Bildgröße in Photoshop angepasst). Copyright SHF / Stephan Falk
https://images.contentful.com/74pdx9dpsku1/NO9GzwIT4GeWiCaQ8QqWI/b202cfb5745dc7a83c96b63444cbb6aa/20150107Schluterhof.jpg (11.04.2017, 00:22) – Grafik des zukünftigen Schlüterhofes während einer Veranstaltung (Bildgröße in Photoshop angepasst). Copyright: Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss (SHF) / Architekt Franco Stella mit FS HUF PG
https://images.contentful.com/74pdx9dpsku1/PiOLHJpReuk2oQai0EY08/a46aeb8f9e8af70a6683a299bc55d5cd/SHF_Einbau_Hermen_PT5_Foto_Stephan_Falk_20161121_DSC0408.jpg (11.04.2017, 00:24) – Einbau Hermen am Portal V. (Bildgröße in Photoshop angepasst). Copyright SHF / Stephan Falk
https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsratsgeb%C3%A4ude#/media/File:State_Council_building_in_Berlin.jpg (11.04.2017, 00:26) – Blick auf die Fassade des Staatsratsgebäudes mit dem Eosanderportal (Bildgröße in Photoshop angepasst). Copyright: BY-SA 3.0
https://images.contentful.com/74pdx9dpsku1/NO9GzwIT4GeWiCaQ8QqWI/b202cfb5745dc7a83c96b63444cbb6aa/20150107Schluterhof.jpg (11.04.2017, 00:30) – Modell des Humboldt Forums im Berliner Schloss (Bildgröße in Photoshop angepasst). Fototgraph: Jean-Pierre Dalbéra.
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berlin_-_Neptunbrunnen_-_um_1900.jpg (11.04.2017, 00:33) – Neptunbrunnen vor dem alten Standort, dem Berliner Schloss (Bildgröße in Photoshop angepasst). ID-Nr.: LC-DIG-ppmsca-00334
https://de.wikipedia.org/wiki/Freiheits-_und_Einheitsdenkmal#/media/File:Das_Nationale_Freiheits_und_Einheitsdenkmal.jpg (11.04.2017, 00:36) – Grafik des überarbeiteten Freiheitsdenkmals vor dem Berliner Schloss (Bildgröße in Photoshop angepasst). Copyright: BY-SA 3.0
 
Berliner Zeitung: Kurzer geschichtlicher Überblick zum Stadtschloss Berlin. (11.04.2017, 00:45) – Deutsch
Wikipedia-Artikel zum Palast der Republik. (11.04.2017, 00:46) – Deutsch
Rbb-Online: Artikel zur Idee das Kaiser-Wilhelm I. Denkmal mit den Kolonnaden zu Rekonstruieren, nachdem das Einheitsdenkmal (angeblich) gescheitert war. (11.04.2017, 00:48) – Deutsch
Youtube-Mothersdirt: Zeitrafferfilm über den Bau des Berliner Schlosses (Stand März 2017). (11.04.2017, 00:50) – Deutsch
Welt.de: Artikel von 2010, als die Wiederaufbaupläne vorerst gescheitert waren. (11.04.2017, 00:52) – Deutsch
Berliner-Zeitung: Bericht zur Rekonstruktion der Barockfassaden und Zierelemente. Copyright: 2017 (11.04.2017, 00:53) – Deutsch
Welt.de: Artikel aus dem Jahre 2010 über die Pläne, den Baustart des Schlosses um mehrere Jahre zu verschieben (11.04.2017, 00:55) – Deutsch
Wikipedia-Artikel zur Schloßfreiheit. (11.04.2017, 00:57) – Deutsch
Youtube.com: Kurzer Bericht über die Diskussion um die zukünftige Platzgestaltung vor dem Humboldt-Forum. (11.04.2017, 00:58) – Deutsch
Skyscrapercity.com: Gutes Diskussionsforum zum Bau des neuen Schloss Berlin als Humboldt-Forum. (11.04.2017, 01:00) – Deutsch
Berliner Schloss.de: Die „Bundeswippe“ kommt doch! (Artikel aus 2017) (11.04.2017, 01:02) – Deutsch
Berliner Extrablatt Nr. 86 (11.04.2017, 01:03) – Deutsch
Wikipedia-Artikel zum Staatsratsgebäude mit dem Eosanderportal. (11.04.2017, 01:03) – Deutsch
Wikipedia-Artikel zum Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal. (11.04.2017, 01:04) – Deutsch
Wikipedia-Artikel zum Berliner Schloss. (11.04.2017, 01:05) – Deutsch
Wikipedia-Artikel zum Humboldtforum. (11.04.2017, 01:05) – Deutsch
Berliner Seiten: Neuer Inhalt im historischen Gewand. (11.04.2017, 01:08) – Deutsch

Hier sind Tattoos illegal

Tätöwiert_verhaftet
Während in Europa der Trend zum Körperschmuck bereits alle Gesellschaftsschichten ergriffen hat und auf eine breite Akzeptanz trifft, wird in Korea und Japan das Tätowieren mit einer schweren Straftat gleichgesetzt. Die Tätowierer werden verfolgt und die illegalen Salons zugesperrt. Die Szene wächst trotz allem von Jahr zu Jahr – Wie auch langsam die Toleranz in der Gesellschaft.

Der Schein ist trügerisch: Obwohl Tattoos in Korea keine breite Akzeptanz erfahren, blickt das Land auf eine lange Geschichte zurück. Die Ersten, die sich stechen ließen, waren Fischer um sich vor bösen Geistern zu schützen. Während der Joseon Dynastie (조선 왕조), die 1392 begann und erst im Jahr 1910 endete, war es für Verbrecher und Sklaven üblich sich zu tätowieren. Es diente als sichtbares Erkennungsmerkmal, dass es sich bei diesen Personen um aus der Gesellschaft ausgeschlossene handelte. Normalbürger tätowierten sich nicht,  da es in der buddhistischen Lehre wichtig ist, den Körper unversehrt zu halten. Während des 20. Jahrhunderts begannen Kriminelle mittels Tätowierung ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten „Gang“ zu zeigen. Aus diesem Hintergrund rührt die heutige Generalverdächtigung her, dass, eine tätowierte Person ein Verbrecher, oder bestenfalls nicht vertrauenswürdig sei. Dies ging sogar soweit, dass tätowierte Personen vom sonst strengen, zweijährigen verpflichtenden Militärdienst befreit wurden. In Verbindung mit der Tätowierung kamen Pauschalverdächtigungen zu mögliche Straftaten auf und ihr Lebenslauf wurde dahingehend auf mögliche Vergehen akribisch durchleuchtet.

Diese Einstellung zu Tattoos bei der älteren Generation noch heute durchaus üblich, führte bei der Jugend mittlerweile zu einer weit verbreiteten Akzeptanz. Dass selbst im 21. Jahrhundert diese Vorurteile noch immer vorhanden sind, macht sich vor allem in öffentlichen Einrichtungen, wie Freibäder bemerkbar. Ist einem früher der Zutritt  verwehrt worden, ist die Benutzung heutzutage für jeden möglich, wenn auch die Blicke der Leute gewiss auf die sichtbaren Tattoos gerichtet sind. Während Tätowierungen bei Ausländern meist toleriert werden, kann es durchaus sein, dass ein Koreaner etwaige Probleme bekommen kann. Während in der westlichen Kultur tätowierte Frauen früher als unweiblich angesehen wurden, lassen sich auch in Korea immer mehr junge Frauen kleine Tattoos stechen, die dann aber meist verheimlicht, oder zumindest in der Öffentlichkeit mit langen Hosen oder langen Ärmeln abgedeckt werden.

Da die koreanische Regierung das Stechen als medizinischen Eingriff einstuft, ist das tätowieren ausschließlich ausgebildeten Ärzten erlaubt. Der Regierung zufolge wird durch diese Regelung die Verbreitung von Hepatitis und HIV eingeschränkt, da man wegen mangelnder Hygiene allgemein, oder dem mehrmaligen Verwenden der Nadeln Infektionen befürchtet. Weil infolge des Stechens eines Tattoos der Körper punktiert wird und an manchen Stellen Blutungen entstehen, ist laut Gesetzesregelung der Nachweis eines medizinischen Eingriffes erbracht. Da nur eine Handvoll von Ärzten in Korea die Ausbildung zum Tätowierer haben und diese gleichzeitig einer Szene aus mehreren hundert illegaler Tattoo-Studios gegenüberstehen, gleicht die Einhaltung und Kontrolle dieser Gesetze einem schier unmöglichen Unterfangen. Überdies besteht kaum Nachfrage nach staatlich geprüften Tätowierern. Zum einem gibt es nur sehr wenige Ärzte, die bereit sind ein jahrelanges Studium zu absolvieren, um anschließend Künstler an der Tätowiermaschine zu werden und darüber hinaus würden nur die wenigsten Eltern diese eingeschlagene Laufbahn der eigenen Tochter / des eigenen Sohnes gutheißen. Zum anderen werden die künstlerischen Fähigkeiten der illegal arbeitenden Tätowierer höher geschätzt und sind deshalb auch beliebter. Zudem sei noch erwähnt, dass fast alle tätowierenden Ärzte selbst von einem illegal arbeitenden Tätowierer gelernt haben, und nicht umgekehrt.

„Wenn du ein Tattoo haben möchtest, musst du in ein Krankenhaus gehen? Das ist echt schwachsinnig“

– Jun-Hyuk Besitzer des Tattoo-Studios „Tattooism“ im Zentrum Seouls

Tätowieren in Korea ist gut vergleichbar mit der rechtlichen Situation der Prostitution: Beides ist nicht erlaubt, aber oftmals unter dem Deckmantel des Schweigens toleriert.

Jun-Hyuk

Tattoo-Künstler Jang  Jun-Hyuk bei der Arbeit in seinem Studio in Seoul

Obwohl es in Gegensatz zu Europa eher unüblich ist, sich zu tätowieren, bedeutet das nicht, dass es in Südkorea keine Tattoo-Szene gibt. Gut vor der Justiz getarnt befinden sich viele Studios im Untergrund der Großstädte verborgen – Tendenz stark steigend. Die vorherrschende Gesetzeslage verhindert es, das Geschäft mittels sonst allgegenwärtigen Leuchtreklamen anzupreisen und die Tätowierer beschränken sich auf die Vernetzung innerhalb der Szene, der Mundpropaganda und natürlich dem Internet. In Hinterhöfen, dunklen Kellern oder sogar privaten Wohnungen verbirgt sich so manch begnadeter Künstler hinter einer unscheinbaren Tür. Entweder komplett ohne Türschild am Eingang, oder nur Szene-Insidern bekannten Andeutungen in Form von Graffiti oder Aufklebern. Es gleicht alles irgendwie weniger einer Werbung, als einer Schnitzeljagd. Alles um im Schutz vor der Justiz der Arbeit nachzugehen.

Tattoo-Shop

Nur selten sind Studios so gut wie hier am Beispiel von „Sunrat Tattoo“ beschildert

Das Tätowieren an sich, selbst bei einem unlizenzierten Tätowierer, ist für den Kunden nicht strafbar. Einzig der Tätowierer kann belangt werden. Hohe Geldstrafen und nicht selten die Schließung des Studios sind die Folgen. Um dieses Risiko zu minimieren und flexibler zu sein, haben viele Tätowierer kein eigenes Geschäft mehr, sondern leben von Hausbesuchen. Die Serviceleistungen werden auf der eigenen Homepage oder Facebookseite beworben. Der Kunde ruft diesen unter der angegebenen Nummer an und besucht ihn in seinem eigenen Zuhause, oder der Tätowierer fährt zu ihm. Da viele Koreaner um die genaue Gesetzeslage nicht Bescheid wissen, die Untergrundszene rasant wächst und somit die vorhandenen Gesetze um das eine oder andere Mal aushebelt werden, werden Rufe nach einer Entkriminalisierung des Gewerbes immer lauter. Eine staatliche Kontrolle und Einführung einheitlicher Gesundheitsstandards wären einfacher überprüfbar.

Vor 5 Jahren wurde der Tattoo-Künstler Jang während einer Razzia in seinem Studio aufgegriffen und verhaftet. Er musste eine Strafe von umgerechnet 3000 Dollar zahlen und eine Haftstrafe von einem Jahr wegen öffentlicher gesundheitsgefährdender Handlungen verbüßen. Trotz vereinzelter Razzien sind manche Studios, wie das im Touristenviertel von Iteawon (이태원) betriebene „Maverick“ kühn genug, um mittels Leuchtreklame vor dem Geschäft zu werben. „Es ist eine Art des passiven Widerstandes.“, sagt Lee Sung-Je, Eigentümer des „Maverick“. Die Kunden der Tattoo-Studios kommen aus allen Gesellschaftsschichten: Beamte, Arbeiter und Manager von großen Firmen wie Samsung. Das Tätowieren spaltet die Gesellschaft: Während Jüngere sie oftmals „hip“ finden, halten viele Ältere sie für Kriminelle.

Heute sind viele dieser illegalen Tattoo-Studios in der Nähe großer Universitäten und touristischer Bezirke zu finden. Das Gebiet um die Hongik Universität (홍익대학교), in Sincheon (신천동), Apgujeong-dong ( 압구정동), Itaewon (이태원) und Dongdaemun (동대문) sind nur ein paar dieser beliebten Orte in der Hauptstadt Seoul.

Tattoo-Studio in Korea

Das ist kein Frisör, sondern das Seouler Szene Tattoo-Studio „Tatist Tattoo“

Um trotz aller Einschränkungen ein Studio zu betreiben ist man neben der Mundpropaganda auf  das „Social Network“ angewiesen. Der Auftritt auf den verschiedensten Plattformen entscheidet um die Existenzfähigkeit des Geschäftes. Sie sind auch oftmals die einzige Möglichkeit, die notwendige Anonymität vor den Gesetzeshütern zu wahren und sogleich mit interessierter Kundschaft in Kontakt zu treten. Einer dieser Anbieter ist „Kim Samy Tattoo“ auf mydestination. Das Internet gibt ihm die Möglichkeit seine Arbeiten in Form von Fotos auf Facebook und Twitter zu zeigen und dem Kunden mit einer detaillierten Beschreibung einen ersten Einblick in seine Arbeiten zu geben. Übersetzt heißt es hier: „Kim Samy Tattoo hat mit seinen, im Untergrund erstellten individuellen Tattoos bereits eine große Fangemeinde. Es ist ein gutes Beispiel wie wirkungsvoll die Mischung zwischen Mundpropaganda und echten Talent sein kann.“ Der weitere Kontakt erfolgt über eine angegebene Handynummer oder Emailadresse. Es findet sich auch eine Standortbeschreibung des Salons – natürlich nur ungefähr, um die Arbeit nicht zu gefährden.

Trotzdem stellt sich die Frage, ob es für eine operierende Polizeieinheit nicht ein leichtes sei, unter einem falschen Vorwand die genaue Adresse zu erfahren? Aber andererseits ist dieser Aufwand bei der Anzahl der Geschäfte wohl ohnehin nur ein Kampf gegen Windmühlen.

Laut der „Association of Korean Tattooists“ haben bereits mehr als eine Million Südkoreaner ein illegal gestochenes Tattoo. Obwohl es bereits vor mehreren Jahren eine Debatte über eine Lockerung des Gesetzes gab, ist bislang noch immer nichts Greifbares geschehen. Wie lange es noch dauern wird und ob es die Tätowierer durch das neue Gesetz tatsächlich aus der Illegalität schaffen, ist mehr als fraglich.

Wie seht ihr die momentane rechtliche Lage der Tätowierer in Korea? Sind eurer Meinung nach die Bedenken aus medizinischer Sicht begründet? Sollte man vielleicht ähnliche Maßnahmen auch hierzulande ergreifen? Welche Erfahrungen habt ihr mit oder ohne Tattoos gemacht? Wie reagieren die Leute in unserer Gesellschaft daaruf? Wo sind die Grenzen der Körperkunst? Gibt es überhaupt noch welche? Wie ist eure Meinung? – Sagt es mir ganz einfach in den Kommentaren!


Weiterführende Links:

Quellenangaben:
Titelbild: http://i.imgur.com/bLiDm.jpg (24.02.2016, 00:21) – Verhaftung einer Person einer rechtsradikalen Gruppierung zugehörig

 

http://www.dailymail.co.uk/wires/afp/article-2911184/Koreas-outlaw-tattoo-artists.html (24.02.2016, 00:23) – Tattoo-Künstler Jang Jun Hyuk bei der Arbeit
http://sunrattattoo.blogspot.co.at/ (24.02.2016, 00:25) – Eingang zum Studio „Sunrat Tattoo“
https://www.facebook.com/TatistTattooStudio/photos_stream?ref=page_internal (24.02.2016, 00:27) – „Tatist Tattoo“ von innen gesehen

 

Eat Your Kimchi.com – Tattoos in Korea (23.02.2016, 23:54) – Englisch
Frankfurter Allgemeine Zeitung: Verbreitetes Video zu den Tattoo-Studios in Südkorea (23.02.2016, 23:56) – Deutsch
Leitartikel der Dailymail UK: Korea’s outlaw Tattoo-Artists (23.02.2016, 00:00) – Englisch
Leitartikel von Korea4Expats: Tattoos in Korea (24.02.2016, 00:09) – Englisch
Seite von „Kim Sany Tattoo“ (24.02.2016, 00:11) – Englisch
Artikel der Korea Times: Tattoo  still taboo in Korea (24.02.2016, 00:18) – Englisch/Koreanisch
Bericht im Blog des schweizer „Tagesanzeiger“ (24.02.2016, 00:20) – Deutsch

Zuerst vernichten sie die Zukunft, dann die Vergangenheit

Palmyra Zerstörung

Kaum eine andere Stadt wie Palmyra wird in den letzten Tagen und Wochen so oft in den Medien zitiert. Die Rede ist hierbei nicht von einer Millionenmetropole wie Aleppo, Damaskus oder Homs, sondern von Überresten einer längst untergegangenen antiken Stadt. Obwohl in unmittelbarer Nähe die Großstadt Tudmur liegt, findet diese kaum Erwähnung. Was macht nun dieser Haufen Steine so besonders, dass die Zerstörung einer Ruine durch den IS gegenüber den Kriegsverbrechen an der Bevölkerung in den Vordergrund tritt?

Um doch einmal ehrlich zu sein: Wen erschüttert es heute noch, wenn in Bagdad (Irak) sich jemand in die Luft sprengt oder ganze Familien in Syrien hingerichtet werden? Gesicherte Informationen treten, wenn überhaupt, oftmals Woche später zu Tage und könnten täglich eine 100-seitige Zeitung füllen. Doch was macht nun eine Oasenstadt wie Palmyra so besonders? Auch dort wird getötet und geschändet wie überall im Land, doch steht der Umfang der Berichterstattungen zu anderen Orten des Landes in keiner Relation dazu.

Lage und Machtgebiete um Palmyra vom 26.8.2015

Lage und Machtgebiete um Palmyra vom 26.8.2015

Bei der Fülle an Taten, Einzelschicksalen und Angriffen im Allgemeinen kommt Palmyra eine eher symbolische Bedeutung zu. Eine Bedeutung die eher mit Auslegung des Islam in Verbindung mit dem IS zu sehen ist und der Identität des Landes in Form von Architektur. Es ist ein Symbol für den Irrsinn des Konfliktes und eines einhergehenden Verlustes für die Ewigkeit. Jedoch ist davon so gut wie nie die Rede davon. Es wird immer davon gesprochen, dass die Oasenstadt Palmyra zum Unesco Kulturerbe gehört und deshalb geschützt werden muss! Als die Ruinen von Nimrud durch den IS zerstört wurden, war der Aufschrei in den Medien groß – aber nur von kurzer Dauer.

Warum nun Palmyra einen Sonderstatus in der Bedeutung und im Schutz genießt, wurde durch den Archäologen Schmidt-Colinet im „Standard“-Interview genauer erläutert. Bei der Frage, warum die Kulturstätten von Palmyra um so viel bedeutender als die bereits zuvor vom IS gesprengten Denkmäler sind, führt er auf drei Gründe zurück. Erstens ist die Stätte kulturpolitisch, zweitens militärisch und drittens wirtschaftlich das Herz Syriens. Überdies befindet sich in unmittelbarer Nähe die einzig große Tankstelle zwischen Damaskus und Euphrat. Soweit seine Begründung fürs Erste. Doch die wahren Gründe, die den schwierigen und aufopfernden Kampf um den Schutz des Gebietes gerechtfertigen, sind die Ruinen selbst.

Die historische Stadt Palmyra hatte es geschafft, ein Schmelzpunkt der Kulturen zu werden.

Die historische Stadt Palmyra hatte es geschafft, ein Schmelzpunkt der Kulturen zu werden.

„…Und die Ruinen von Palmyra zeigen das Aufeinanderprallen von Ost und West. In Palmyra haben sich die griechisch-römischen Kulturen des Mittelmeers mit den vorderasiatisch-mesopotamischen einheimischen Kulturen getroffen. Das hat sich nicht nur nebeneinander – hier das eine, da das andere – entwickelt. Die Palmyrener haben es geschafft, eine eigene, völlig neue Kultursprache zu entwickeln – sowohl schriftlich als auch in den architektonischen Denkmälern.“  (Schmidt-Colinet)

Als der „Standard“ nach den inhalt der eigenen lokalen Kultursprache zu sprechen kommt, könnte die Antwort nicht überraschender und Wegweisender sein. Schmidt-Colinet zeigt dies am Beispiel des Baal Tempels:

„Der Bel-Tempel sieht von der einen Seite aus wie ein griechisch-römischer Tempel. Für jeden westlich gebildeten Griechen oder Römer, der da durch die Straßen ging, war er als Sakralbau verständlich. Und von der Seite sah der Tempel aus wie ein orientalisches Heiligtum.“ (Schmidt-Colinet)

Folgerichtig steht Palmyra als Symbol für die Vermischung der verschiedenen Kulturen. Das Nebeneinander und die Toleranz sicherte die Machtverhältnisse und den Wohlstand über lange Zeit!  Der IS widerum lässt nur sich und seine missbräuchliche Auslegung des Islams gelten. Wer sich den Regeln nicht unterordnet, wird vernichtet. Reichtum und Frieden sucht man schon lange in Syrien und der umgebenden Region. Sei es durch die Taliban, den IS und auch allen anderen Gruppierungen und Abspaltungen, von denen es Unzählige gibt!

Ab 1753 wurden die Ergebnisse der Ausgrabungen in einem monumentalen Tafelwerk publiziert, die als Wegweiser für die klassizistische Architektur in Europa wurden, und somit auch ein Teil unserer Identität darstellen. Danach wurde Palmyra weltweit zum Mekka für Archäologen und zog auch immer mehr Touristen an. Es wurden Hotels errichtet, Führungen organisiert und gipfelte in einer wichtigen Einkommensquelle für den Wüstenstaat die bis 2011 bestand hatte.

Zumindest kann der Archäologe Schmidt-Colinet noch etwas Licht an das Ende des Tunnels bringen – wenn auch wenig: Aufgrund der Weite und Größe der Anlagen sind höchstens 2-3% der antiken Stätte um Palmyra bislang erforscht worden und liegt somit ein Großteil noch immer unentdeckt unter der Erdoberfläche geschützt…

Wie denkt ihr über den Schutz kultureller Stätte? Ist es vertretbar in einem Land, das vom Bürgerkrieg gezeichnet ist, sich damit zu befassen? Wie kann man die historischen Anlagen am besten schützen, oder sollte man sich damit abfinden und sich über die „wahren“ Probleme den Kopf zerbrechen? Wie wichtig ist unsere Vergangenheit? Sagt mir eure Meinung dazu in den Kommentaren!! UND:

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Weiterführende Links:

Das komplette Interview mit Schmidt – Colinet in Der Standard.at (31.8.2015, 00:13)

Palmyra auf Wikipedia (31.8.2015, 00:10)

Die Eroberung von Palmyra durch die IS (30.8.2015, 23:35) Bericht des Handelsblatt vom 20. Mai 2015 – Deutsch

Die Palastanlagen von Nimrud vor der Zerstörung (30.8.2015, 23:37) – Deutsch

Zerstörung des Baaltempels (30.8.2015, 23:48) – Bericht vom 30.8.2015 von Die Welt – Deutsch


Quellenangaben:

Titelbild:
http://www.lessentiel.lu/de/news/ausland/story/IS-veroeffentlicht-Fotos-von-Tempel-Zerstoerung-27946634 (31.8.2015, 00:06)

Landkarte Syriens:
https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerkrieg_in_Syrien (31.8.2015, 00:19) – Ausschnitt aus der Karte zu den Machtverhältnissen in Syrien zum 26. August 2015

Abbildung Theater in Palmyra:
http://derstandard.at/2000016193047/Einnahme-von-Palmyra-Als-stuende-der-IS-in-der-Wiener (31.8.2015, 00:21)

http://www.handelsblatt.com/politik/international/syrien-is-milizen-nehmen-antike-stadt-palmyra-ein/11806158.html (31.8.2015, 00:08) – Deutsch

https://de.wikipedia.org/wiki/Palmyra
(31.8.2015, 00:09) – Deutsch

http://derstandard.at/2000016193047/Einnahme-von-Palmyra-Als-stuende-der-IS-in-der-Wiener
(31.8.2015, 00:11) – Deutsch